Kurzarbeit – Kurzarbeitergeld.
Das Virus hat das öffentliche Leben und letztlich quasi jeden Einzelnen betroffen. Die Wirtschaft steht mitten in einer manifesten Krise. Ohne staatliche Hilfsmaßnahmen, Zuschüsse und Kredite drohen Insolvenzwellen quer durch die Branchenlandschaft deutscher Industrie, Beratung und Dienstleistung. Ein substanzieller Anstieg der Arbeitslosenquote steht zu befürchten. Kurzarbeit als Instrument der Personalsteuerung in Zeiten des Arbeitsmangels wird inzwischen millionenfach genutzt, nachdem die Voraussetzungen zu Einführung durch den Gesetzgeber mit der Gesetzgebung zur Abmilderung der Folgen der Corona-Pandemie erheblich vereinfacht wurden. Die wichtigsten Fragestellungen zu Kurzarbeit und Kurzarbeitsgeld in der Zusammenstellung.
Darf Kurzarbeit einseitig vom Arbeitgeber angeordnet werden?
Für den Bezug von Kurzarbeitergeld ist es zwingend erforderlich, dass mit den Arbeitnehmern eine Vereinbarung zur Einführung von Kurzarbeit getroffen wurde. Diese kann in einem Tarifvertrag, der für das Unternehmen Geltung besitzt, oder auch in einem Arbeitsvertrag geregelt sein. Bei fehlender Regelung ist diese von jedem Arbeitnehmer einzuholen.
Bei Ablehnung durch den Arbeitnehmer kann eine Änderungskündigung (Reduzierung der Arbeitszeit) oder auch eine betriebsbedingte Kündigung ausgesprochen werden. Dabei ist zu beachten, dass die Weigerung des Arbeitnehmers, der Kurzarbeit zuzustimmen wegen des Maßregelungsverbots aus § 612a BGB nicht der alleinige oder maßgebliche Grund für die Kündigung sein darf. Bei fehlender Möglichkeit Arbeitnehmer im vertraglichen Umfang zu beschäftigen, ist Änderungskündigung oder auch betriebsbedingte Beendigungskündigung (insb. Bei Kurzarbeit Null) denkbar.
Die Voraussetzungen des KSchG, die soziale Rechtfertigung, sind jedenfalls außerhalb des Kleinbetriebs zu beachten.
Ein Anspruch auf Vertragsanpassung gemäß § 313 BGB wird nicht zielführend von Arbeitgebern geltend gemacht werden können. Geht man davon aus, dass die durch die Corona-Pandemie ausgelösten hoheitlichen Maßnahmen, Tätigkeitsverbote und fehlenden Beschäftigungsmöglichkeiten die Geschäftsgrundlage des Anstellungsvertrages betreffen, so würde dieses ein Anspruch auf Vertragsanpassung begründen, der gerichtlich durch Klage auf Abgabe der entsprechenden Willenserklärung durch den Arbeitnehmer durchzusetzen wäre. Erst durch ein gerichtliches Urteil ggf. nach mehreren Monaten Verfahrensdauer wären die Voraussetzungen geschaffen, dass der Nachweis der Zustimmung des Arbeitnehmers für die Antragstellung auf Kurzarbeit gegeben ist.
Muss die Arbeitszeit für alle Beschäftigten gleichmäßig gekürzt werden? / Kann auch Kurzarbeitergeld beantragt werden, wenn der Arbeitsausfall nicht den gesamten Betrieb, sondern nur die Mitarbeiter einer Betriebsabteilung betrifft?
Entscheidend ist der Arbeitsausfall. Die Arbeitszeit muss nicht in gleichem Umfang für alle Mitarbeiter reduziert werden. Es dürfen Art der konkreten Tätigkeit und auch die Qualifikation der Arbeitnehmer bei der Arbeitszeitreduzierung berücksichtigt werden. Es kann eine oder mehrere Betriebsabteilungen (Betrieb im Sinne des § 99 SGB III) betroffen sein oder auch einzelne Mitarbeiter gar nicht, wenn kein Arbeitsausfall anfällt.
Welche Gruppen und Personen sind Kurzarbeitergeldberechtigt?
Anspruchsberechtigung liegt gemäß § 98 Abs. 1 Nr. 1 SGB III bei sozialversicherungspflichtig beschäftigten Arbeitnehmern vor.
- Für Auszubildende kann Kurzarbeitergeld beantragt werden. Sie gelten gemäß § 25 Abs. 4 SGB III i.V.m. § 98 SGB III als versicherungspflichtige und anspruchsberechtigte Arbeitnehmer.
Zwar sind Auszubildende bei der Ermittlung des Arbeitsausfalls gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 4 SGB III nicht mitzuzählen. Das ändert an der Anspruchsberechtigung der Auszubildenden gemäß § 98 SGB III aber nichts. Wie bei Arbeitnehmern, ist auch bei Auszubildenden zu überprüfen, ob der Arbeitsausfall gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 3 SGB III unvermeidbar ist. - Minijobber und geringfügig Beschäftigte können kein Kurzarbeitergeld erhalten, denn sie leisten keine Beiträge für die Arbeitslosenversicherung.
Kein Anspruch auf Kurzarbeitergeld wird für Arbeitnehmer gewährt, die aus dem Ausland nicht nach Deutschland einreisen können. - Für Geschäftsführer kann Kurzarbeitergeld beantragen werden, wenn die Sozialversicherungspflicht als Arbeitnehmer durch die Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung festgestellt ist.
- Auch für Arbeitnehmer in Zeitarbeit ist der Bezug von Kurzarbeitergeld möglich. Die Anzeige und Antrag auf Kurzarbeit ist durch den Verleiher/Zeitarbeitsunternehmen zu stellen.
Was ist mit noch nicht abgegoltenen Überstunden sowie (Rest-)Urlaub aus den Vorjahren 2019 und früher sowie Erholungsurlaub für 2020 im Zusammenhang mit dem Bezug von Kurzarbeitergeld?
Noch vorhandene Überstunden stehen dem Bezug von KuG grundsätzlich entgegen. Urlaub aus dem Jahr 2019 nicht verfallener Urlaub aus Vorjahren sollte vollständig genommen worden sein.
Für den Erholungsurlaub des Jahres 2020 wird zur Anzeige des Arbeitsausfalls nicht anteilig oder gar vollständig genommen worden sein müssen. Dieses gilt jedenfalls dann, wenn eine Verplanung des Urlaubs dargelegt werden und ggf. durch eine betriebliche Urlaubsliste unterlegt werden kann. Negative Arbeitszeitkonten sind in Betrieben mit Arbeitszeitkonten nach der gesetzlichen Neuregelung zur Kurzarbeit nicht anzulegen.
Wie viele Arbeitnehmer eines Betriebes müssen von Kurzarbeit betroffen sein, damit KuG beantragt werden kann? Wie hoch muss der Arbeitsausfall sein?
Es reicht aktuell und befristet bis 31.12.2020, wenn 10% der Beschäftigten eines Betriebes vom Arbeitsausfall betroffen sind. Das entspricht den geänderten Regeln zum Bezug von Kurzarbeitergeld. Bislang war es notwendig, dass ein Drittel der Arbeitnehmer betroffen sein musste.
Der Arbeitsausfall muss mehr als 10% betragen. Es kann bis zu 100% Arbeitsausfall reichen, dann wird von Kurzarbeit null gesprochen, der Arbeitnehmer arbeitet gar nicht mehr. Dann ist keine Vergütung mehr zu zahlen, sondern nur Kurzarbeitsgeld in Höhe von 60% bzw. 67% (mindestens ein unterhaltsberechtigtes Kind) des regulären Nettogehalts.
Gibt es die vollen Sozialversicherungsbeiträge nach der Gesetzesänderung zum Kurzarbeitergeld auch dann, wenn die Anzeige der Kurzarbeit bereits im März 2020 gestellt worden ist?
Die am 16.03.2020 in Kraft getretene Gesetzesänderung sieht eine vollständige Erstattung der von den Arbeitgebern allein zu tragenden Beiträge zur Sozialversicherung für diejenigen Arbeitnehmer, die Kurzarbeitergeld beziehen, vor. Bezüglich des zu zahlenden Ist-Lohns bleibt es bei der gesetzlichen Regelung der hälftigen Zahlung durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Die gesetzliche Neuregelung findet auch Anwendung auf Kurzarbeit, die vor Inkrafttreten des Gesetzes beantragt worden ist.
Kann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer den Verdienstausfall durch das Kurzarbeitergeld ausgleichen?
Einige Tarifverträge regeln die Zahlung eines Zuschusses bei Kurzarbeit durch den Arbeitgeber, dann ist die Aufstockung zwingend zu zahlen. In allen anderen Fällen ist die Aufstockung des Kurzarbeitergeldes durch den Arbeitgeber freiwillig.
Der Zuschuss ist generell steuerpflichtig. Sozialversicherungsbeiträge sind auf den Zuschuss aber nach der bisherigen Regelung nur dann zu zahlen, wenn der Zuschuss zusammen mit dem Kurzarbeitergeld 80% des ausgefallenen Arbeitsentgelts übersteigt. Wird ein höherer Zuschuss gezahlt, ist nur der übersteigende Betrag beitragspflichtig.
Bis wann muss der Arbeitgeber Kurzarbeit bei der Agentur für Arbeit anzeigen?
Kurzarbeitergeld wird gemäß § 99 Abs. 2 SGB III frühestens von dem Kalendermonat an geleistet, in dem die Anzeige über den Arbeitsausfall bei der Agentur für Arbeit eingegangen ist. In diesen Fällen kann bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen das Kurzarbeitergeld rückwirkend für den Monat der Antragstellung rückwirkend gezahlt werden.
Für gekündigte Arbeitnehmer kann kein Kurzarbeitergeld beantragt werden (§ 98 Abs. SGB III)
Kann die Kurzarbeit sofort eingeführt werden?
Grundsätzlich kann die Kurzarbeit erst nach Ablauf der vereinbarten Ankündigungsfrist angeordnet werden. Die Dauer der Ankündigungsfrist ergibt sich aus einem etwaig einschlägigen Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung. Ist die Kurzarbeit arbeitsvertraglich vereinbart, so werden soweit eine Ankündigungsfrist nicht geregelt ist drei Wochen für angemessen gehalten. Es ist abzuwarten, ob die Rechtsprechung in der aktuellen Krisensituation die Aufhebung der Frist oder eine kürzere Frist als drei Wochen als zulässig und angemessen erachten.
Welche Auswirkungen hat eine etwaige Arbeitsunfähigkeit bei Kurzarbeit?
Bei Arbeitsunfähigkeit während des Erhalts von Kurzarbeitergeld (Anspruchszeitraum) bleibt der Anspruch des Arbeitnehmers auf das Kurzarbeitergeld erhalten – und zwar so lange, wie auch Anspruch auf Entgeltfortzahlung besteht bzw. ohne den Arbeitsausfall bestehen würde.
Bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers bereits vor dem Anspruchszeitraum, besteht ein ergänzender Anspruch auf Krankengeld gegen die Krankenkasse in Höhe des Kurzarbeitergeldes.
Wer zahlt, wenn die Arbeitsunfähigkeit vor Erfüllung der Voraussetzungen von Kurzarbeitergeld eintritt?
Erkrankt ein Arbeitnehmer arbeitsunfähig, bevor das Unternehmen die Kurzarbeit eingeführt hat, hat der Arbeitnehmer zwar keinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld, jedoch einen ergänzenden Anspruch auf Krankengeld gegen die Krankenkasse in Höhe des jeweiligen Kurzarbeitergelds gemäß § 47b Abs.4 SGB V. Der Arbeitgeber hat bis zum Beginn der Kurzarbeit das volle Entgelt fortzuzahlen, (Entgeltfortzahlungsanspruch(§ 3 EFZG).
Ab Beginn der Kurzarbeit zahlt der Arbeitgeber den geringeren Lohn und die Krankenkasse zahlt Krankengeld in Höhe des staatlichen Kurzarbeitergeldes, so als wenn der Arbeitnehmer nicht arbeitsunfähig gewesen wäre.
Dies gilt allerdings nur so lange, wie der Mitarbeiter einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung hat.
In diesen Fällen aber ist der Arbeitgeber gesetzlich verpflichtet, das Krankengeld zu errechnen und mit der Entgeltabrechnung des Beschäftigten auszuzahlen. Die Krankenkasse des Arbeitnehmers erstattet dem Arbeitgeber auf Antrag das verauslagte Krankengeld.
Nach Ende der Entgeltfortzahlung zahlt die Krankenkasse bei fortbestehender Arbeitsunfähigkeit Krankengeld. Die jeweilige Krankenkasse ermittelt die Höhe von diesem Zeitpunkt an jedoch nach allgemeinen Berechnungsvorschriften für reguläres Krankengeld.
Erwirbt ein Arbeitnehmer Urlaubsansprüche, wenn seine Arbeitsverpflichtung aufgrund von Kurzarbeit verringert wurde?
Grundsätzlich erwirbt ein Arbeitnehmer auch dann Urlaubsansprüche, wenn seine Arbeitsverpflichtung aufgrund von Kurzarbeit verringert wurde. Wenn die Kurzarbeit dazu führt, dass an manchen Tagen der Woche nicht gearbeitet wird, verringert sich die Anzahl der Urlaubstage, auf die der Mitarbeiter Anspruch hat, entsprechend. Die Kurzarbeit ist dann so zu behandeln wie eine dauerhafte Verringerung der Arbeitsverpflichtung, vergleichbar mit dem einzelvertraglich vereinbarten Übergang von Vollzeitbeschäftigung zu Teilzeitbeschäftigung.
Kann ein Arbeitnehmer während der Kurzarbeit Urlaub nehmen?
Wird Kurzarbeit nach der Urlaubserteilung eingeführt, ist die Arbeitsbefreiung an den durch die Kurzarbeit ausfallenden Arbeitstagen nicht möglich, da der Arbeitnehmer bereits wegen der Kurzarbeit nicht arbeiten muss. Der Arbeitnehmer hat gegenüber dem Arbeitgeber deshalb einen Anspruch auf Ersatzurlaub.
Während Kurzarbeit Null kann kein Urlaub gewährt und genommen werden. Denn es gilt der allgemeine Grundsatz, dass ein wegen Kurzarbeit Null bereits freigestellter Arbeitnehmer nicht nochmals zum Zwecke der Erfüllung des Urlaubsanspruchs freigestellt werden kann.

Meine Philosophie, der sich die Kanzlei und die Mitarbeiter verpflichtet fühlen, ist eine stets persönliche, individuelle und hochkompetente Beratung und Betreuung des Mandanten zu gewährleisten, anstatt bloße Sachbearbeitung und schematische Fallbearbeitung abzuliefern.
Rechtsanwalt T. Ullrich Kuttner
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